Stellungnahme zum letzten Heimspiel

Die Saison ist für uns vorbei, die Meisterschaft eingefahren und eigentlich könnten wir ganz entspannt in die Sommerpause gehen. Der letzte Spieltag hängt uns aber immer noch ein wenig nach. Medial ging es ja relativ schnell hoch her. Spieler, Offizielle, Sportjournalisten und jede Menge Fans äußerten Kritik an der Art und Weise wie dieser Spieltag in unserem Stadion ablief. Die Kommentare behandelten den Auftritt von Anastacia, Go-Pros an Weißbiergläsern und die anderen Dinge, die an diesem Tag offensichtlich ein wenig komisch waren, einfach „too much“.
Mit etwas Abstand und nach Abklingen der kleinen medialen Welle wollen wir nun auch noch einige Dinge aufzählen, die uns an diesem Spieltag übel aufgestoßen sind.

Dies sind einerseits eine eingekaufte Zettelchoreographie, die in weiten Teilen des Stadions ausgelegt wurde, zum anderen die unverhältnismäßigen und teils sicherheitsgefährdeten Maßnahmen, die getroffen wurden, um einen Platzsturm zu verhindern und zu garantieren, dass diese Farce einer Meisterfeier nach dem Abpfiff planmäßig über die Bühne gehen konnte.

Fangen wir mit der durch eine Eventagentur organisierten Choreographie an. Choreographien sind in München traditionell Hoheitsgebiet der Fans. Sie werden unter Einsatz von Herzblut und vielen Arbeitsstunden in Eigenarbeit angefertigt. Darin unterscheiden wir uns von Vereinen wie Juve, Real Madrid oder Barcelona, die sich solche Aktionen regelmäßig einkaufen. Der FC Bayern scheint nun auch diesen Weg beschreiten zu wollen und wird somit ein Alleinstellungsmerkmal unter Europas Topclubs aufgeben.

Wie der Club Nr. 12 recht schön formuliert hat, macht der Verein damit seine eigenen Fans zu einer lebenden Kulisse, zum Teil einer Inszenierung für die er viel Geld bezahlt, um den Zuschauern vor den TV-Schirmen ein bestimmtes Bild zu suggerieren. Welches Bild genau das sein soll, können wir gar nicht sagen, beziehungsweise wissen wir auch nicht, ob die Auftraggeber vom Vorstand davon eine genaue Vorstellung haben.

Wie geschrieben, werden bei uns solche Aktionen normalerweise von Fans vorbereitet, die das in ihrer Freizeit tun, um der Mannschaft einen kleinen Motivationskick zu verpassen, um zu zeigen, dass heute ein ganz besonderes Spiel ist oder um sich bei der Mannschaft für etwas zu bedanken. Letzteres machte die Südkurve an diesem Tag bei Philipp Lahm mit einer kleinen Aktion. Der FCB wusste seit einigen Wochen davon, dass dies geplant war.

Was sollte also mit dem Auftrag an die Agentur bezweckt werden? Extramotivation für das Freiburg-Spiel brauchte die Mannschaft wohl kaum. Der Verein wird sich hiermit auch nicht beim Rest der Mannschaft bedanken wollen, zumindest wurde das nicht so kommuniziert. Nun könnte man natürlich sagen, ihr Fans macht manchmal auch Aktionen um einfach zu zeigen, wie kreativ ihr seid, was ihr drauf habt, etc. Das stimmt auch. Ab und an will man sich eben auch selbst mal was beweisen und verbindet das mit einer schönen Aktion für Mannschaft und den Verein, die es vielleicht bei diesem Spiel nicht unbedingt gebraucht hätte. Nun wird ja aber niemand ernsthaft in Zweifel gezogen haben, dass der FCB es sich leisten kann, eine Agentur zu engagieren, die ein Muster für ihn auslegt. Daher dürfte dieses Motiv wohl auch ausscheiden.
Also stellen wir einfach nochmal explizit die Frage: Wieso brauchte es diese bezahlte Choreographie, obwohl man seit einigen Jahren weiß, dass dies von weiten Teilen der Fanszene als absoluter Affront verstanden wird? Zusätzlich würden wir in diesem Zusammenhang gerne erfahren, weshalb unkompliziert 50 Arbeitskarten zugeteilt werden konnten, während das für die Organisatoren der „Fan-Choreographien“ in den letzten Jahren unter Verweis auf verschiedene Gründe („alle an Journalisten vergeben“ / begrenzte Kapazität / …) kaum mehr möglich war?

Eventuell machten sich die entsprechenden Mitarbeiter über den Zeitraum bis zum Anpfiff aber auch kaum Gedanken, denn mit großer Sorge blickten sie auf die Zeit nach dem Spiel. Mit allen Mitteln sollten Szenen wie im letzten Jahr, als tausende fröhlich und friedlich auf dem Rasen feierten, verhindert werden. Man kann geteilter Meinung sein, aber ab und an gehört es bei einem Erfolg eben dazu, dass die Fans auf dem Rasen rumspringen. Hannover und Köln sind ja dieses Jahr zwei sehr schöne Beispiele dafür. Umso spontaner, umso schöner natürlich.

Vorab: Wir sind niemand, der den Spielern einen Vorwurf macht, wenn sie sich bei einem Platzsturm zügig verziehen. Diese Typen stehen jeden Tag in der Öffentlichkeit und das letzte, worauf die Bock haben, ist nach dem Spiel noch 5000 Selfies mit irgendwelchen Fans machen zu müssen. Dass Spieler bei einer Meisterfeier halt nicht mehr so locker sind wie in den 80ern und 90ern, liegt eben auch daran, dass viele Leute keinen Respekt vor der Privatsphäre der Spieler im Alltag zeigen und sie überall nach einem Foto anquatschen.

Wer jetzt umgekehrt mit der Argumentation kommt, der Verein müsse deshalb eben einen Platzsturm verhindern, damit die Spieler gemeinsam mit den Fans im Stadion feiern können, der manövriert sich aber in eine Sackgasse. Denn viel Interaktion mit uns fand da nicht statt. Kurz mal in die Kurve, ein Weißbier verschütten und dann mit den Kindern vor der Südkurve bolzen. Bei allem Respekt vor den Familien der Spieler, aber wir verstehen nicht, wieso die sofort vor die Kurve kommen. Die Fans feiern gerne von der Tribüne aus mit der Mannschaft, aber wenn sich jeder Spieler um Frau und Kinder kümmert, dann funktioniert das eben nicht.

Dass man als Fan nicht alternativ zu den Spielern auf den Rasen geht, wenn da Kleinkinder vor einem am rumturnen sind, versteht sich von selbst. Da hätte theoretisch eine Situation entstehen können, die für die Kinder sehr unangenehm und eventuell sogar gefährlich gewesen wäre. Außerdem wären im Marathontor ohnehin schon die dorthin bestellten Polizisten des USK bereit gestanden, um die ersten Übersteiger in die Schranken zu weisen.

Aber der FCB hatte nicht nur das USK in petto, sondern hatte sich zusätzlich noch folgende fanfreundliche Maßnahmen einfallen lassen.

  • Erstmals war das Fangnetz an einigen Stellen mit Metallkabelbindern an den Zaun gebunden.
  • Die Fluchttore zum Spielfeld waren im gesamten Stadion verschlossen!!! Wäre interessant zu erfahren, ob das im Sicherheitskonzept für den Spieltag in dieser Form so berücksichtigt war und für die Zuschauer im Unterrang alternative Fluchtwege zur Verfügung standen.
  • Zumindest stellenweise sollte der Zaun mit Schmierseife eingerieben werden, was ein weiteres absolutes No-Go darstellt, da es eine eklatante Verletzungsgefahr mit sich bringt (auch für Leute, die z.B. beim Torjubel auf den Zaun steigen oder vor dem Spiel ihre Zaunfahne aufhängen). Hätten wir nicht gerade die Aktion für Phillip Lahm vorbereitet und direkt interveniert, als wir den Vorgang bemerkten, wäre das Ganze wohl auch nicht ohne Blessuren auf Fanseite ausgegangen. Dass es darüber hinaus auch eine grobe Respektlosigkeit gegenüber allen Fans darstellt, die ihre wertgeschätzten Zaunfahnen an diese schmierigen Zäune hängen wollten, fällt da dann eigentlich schon gar nicht mehr ins Gewicht.

Alles in allem die Inkaufnahme großer Risiken und eines beachtlichen Aufwands, um eine Show durchzuführen, die eben viel war, nur keine Meisterfeier mit den Fans und für die Fans.

Wir wünschen uns für das nächste Jahr wieder die Deutsche Meisterschaft. Wir wünschen uns aber auch einen respektvollen Umgang mit dem Gegner, mit uns Fans und die nötige Liberalitas Bavariae, wenn die Freude am Ende dann doch von den Rängen auf den Platz überschwappt.

Schickeria München, Juni 2017