Awareness-Konzept für die Südkurve

Servus Südkurve, Servus Bayernfans,

wir melden uns heute mit einem wichtigen Thema bei euch, an dem wir in den letzten Monaten gearbeitet haben & das uns sehr beschäftigt hat.

Wir, das sind Aktivist:innen aus allen Teilen der Kurve, die sich mit dem Fanprojekt München zusammen getan haben, um langfristig eine Awareness-Struktur in der Südkurve aufzubauen.

Wir müssen an dieser Stelle einschieben, dass wir die Problematik von sexuellen Belästigungen & Übergriffen zwar immer wieder thematisiert haben, gerade im Rahmen unserer Arbeit gegen Sexismus, aber konkrete Hilfsangebote bisher nicht umgesetzt haben.

Anlass dies nun zu ändern, waren Vorfälle innerhalb der Südkurve, von denen wir in Kenntnis gesetzt wurden. Wir müssen davon ausgehen, dass eine Person über Jahre hinweg sexuelle Grenzverletzungen begangen hat, was aber aus Angst, Scham & Verdrängung lange unbemerkt geblieben ist. Wir haben versucht, die Vorfälle aufzuarbeiten und Hilfe für alle ggf. Betroffenen angeboten und organisiert. Gleichzeitig ist für diese Person kein Platz mehr bei uns.

Im Zuge dieser Arbeit ist uns bewusst geworden, dass es nicht ausreichend ist, nur die nun bekannten Vorfälle aufzuarbeiten. Es ist nicht auszuschließen, dass es weitere Vorfälle gab, gibt oder in Zukunft geben kann. Gerade eine Kurve mit den dazugehörigen Freiräumen, einem vorhandenen Machtgefälle und einer großen Masse an Menschen bei gleichzeitig großer Nähe, bietet die Möglichkeiten unbemerkt übergriffig zu werden. Wie bei anderen Themen können wir uns auch hier nicht davor verschließen, dass gesellschaftliche Probleme auch in unserer Kurve vorhanden sind.

Zuerst möchten wir euch bewusst machen, dass sexuelle Übergriffe weit mehr umfassen als eine Vergewaltigung oder das Aufzwingen von körperlicher Nähe und sexuellen Handlungen. Schon anzügliche Blicke, sexistische Bemerkungen, verbale Entgleisungen, Bedrängen oder ungewünschte Berührungen können für Betroffene belastend und traumatisierend sein. Alle Handlungen, zu denen kein Konsens besteht, sind deutliche Grenzverletzungen und gehen nicht klar.

Zum anderen wollen wir uns bewusst an alle Betroffenen von solchen Vorfällen wenden: Ihr seid damit nicht allein! Egal wie jung oder neu in der Szene/Kurve ihr seid und wie scheinbar einflussreich auch immer der/die Täter:in sein mag, es gibt für übergriffiges Verhalten keine Begründung, keine Rechtfertigung und keine Entschuldigung. Auch der Einfluss von Alkohol oder anderen Substanzen bei Täter:innen oder Betroffenen ist keine Ausrede.
Die Verantwortung für einen Übergriff liegt immer beim/ bei der Täter:in, es spielt keine Rolle was die betroffene Person ggf. gesagt, getan oder getragen hat.

Es ist wichtig und vollkommen richtig darüber zu sprechen und sich anderen Personen anzuvertrauen. Wenn ihr von einem Übergriff betroffen seid, könnt ihr uns eine E-Mail schreiben, das ermöglicht euch auch einen anonymen Kontakt.

Dazu gibt es zwei E-Mail-Adressen: hilfe_w@suedkurve-muenchen.org (wird nur von Frauen betreut & gelesen) & hilfe_m@suedkurve-muenchen.org (wird nur von Männern betreut & gelesen)

Die Personen von uns, die diese E-Mail-Adressen betreuen, sind keine Expert:innen, auch wenn wir teilweise in sozialen und therapeutischen Einrichtungen beruflich beschäftigt sind. Es geht auch gar nicht darum, euch therapeutische Hilfe anzubieten oder dass ihr mit uns alles im Detail besprechen müsst.

Wir sind lediglich das offene Ohr, das für euch alle da ist und, wenn nötig, Hilfe von Expert:innen vermittelt. Wir haben zur Aufarbeitung des Falls aus dem letzten Jahr mit Hilfsstellen zusammengearbeitet, uns Expertise eingeholt und sind dabei dieses Netzwerk weiter auszubauen. Das heißt egal welchen Geschlechts ihr seid, woher ihr kommt und was genau euch passiert ist, wir können euch dabei unterstützen, die passende Hilfe zu bekommen.

Dieses Angebot ist nur ein erster Schritt. Wie eingangs erwähnt, wollen wir wie an anderen Standorten, eine umfassendere Awareness-Struktur aufbauen und halten euch dazu auf dem Laufenden. Wir sind dazu bereits auch auf die zuständigen Kolleg:innen beim FC Bayern zugegangen und haben eine Koordinierungsgruppe, bestehend aus Fanvertreter:innen, Fanprojekt und Mitarbeiter:innen des FC Bayern, ins Leben gerufen, um das Thema ganzheitlich angehen zu können.

Abschließend wollen wir nochmal deutlich machen, dass es keine Themen gibt, über die nicht gesprochen werden darf.
Wie so oft betont, ist eine Kurve nur das Spiegelbild der Gesellschaft, somit machen auch schwierige Themen vor keiner Kurve halt. Dazu gehören auch mentale Erkrankungen wie z.B. Depressionen, Angststörungen und Suchtprobleme jeglicher Art oder auch Mobbing.

Gerade da wir nun nicht mehr pandemiebedingt daheim sitzen, sondern wieder alle drei Tage ein Spiel ansteht, fehlt oftmals die Zeit sich mit sich selbst oder anderen auf diesen Ebenen auseinanderzusetzen. Gerade deswegen wollen wir das nochmals bewusst machen. Es ist keine gute Idee, Probleme für sich zu behalten und es ist nicht peinlich nach Unterstützung für sich selbst oder die eigenen Freund:innen zu fragen. Sprecht darüber, seid füreinander da, sucht euch Hilfe. Natürlich könnt ihr euch auch bei solchen Themen jederzeit bei uns melden und wir unterstützen dabei, passende Hilfe zu bekommen.