KILLERS IN OUR MOVEMENT ARE KILLING OUR MOVEMENT

Trotz eines von der UEFA verhängten Gästeverbots reisen kroatische Fans nach Griechenland und es kommt am Vorabend der Partie AEK Athen vs. Dinamo Zagreb Anfang August zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Fans von AEK und den kroatischen Anhängern (mit Unterstützung von Panathinaikos). Ein griechischer Anhänger wird mit einem Messer getötet und viele Personen erleiden Stichverletzungen. Bereits zwei Tage vorher ist es in Polen zu einem Todesfall gekommen, als das Bündnis Zagłębie Sosnowiec & BKS Stal Bielsko Biała ein Fanturnier der Achse Unia Tarnow und Wisla Krakau angegriffen hat. So unterschiedlich die beteiligten Fanszenen, so unterschiedlich die näheren Umstände, eines ist gleich: Am Ende ist ein Fußballfan wegen des Verwendens von Waffen tot. 

Die beiden Toten sind nicht die ersten Opfer, die durch von Fußballfans eingesetzte Waffen sterben. Einer der vermutlich bekanntesten Fälle ist der Tod von Vincenzo Spagnolo, Fan von Genoa, der 1995 durch den Messerstich eines Mailänder Ultra sein Leben verlor. Damals schlossen sich die italienischen Ultraszenen zusammen und veröffentlichten ein Communiqué unter dem Titel „Basta Lame – Basta Infami“ (Schluss mit den Messern – Schluss mit der Feigheit); es hätte die Zeit eines Umdenkens sein können, doch nicht alle Ultraszenen schlossen sich an. Eine Umkehr im Denken und Handeln fand somit auch nur in Teilen statt. 

Wir wissen, dass die Lebensrealitäten vor allem in Südeuropa andere sind als die unsere. Es gibt Gesellschaften und lokale Nischen, da mag das Mitführen einer Stichwaffe quasi zum kulturellen Gut gehören. Am Ende bleibt aber doch die Frage, wohin das Tragen und in letzter Konsequenz der Einsatz einer solchen Waffe beim Fußball denn führen soll? 

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Gegner bei einer Auseinandersetzung zumindest im Krankenhaus landet, erhöht sich drastisch und noch Schlimmeres wird mehr als billigend in Kauf genommen. 

Aber genau das darf eigentlich nicht das Ziel einer Fußballauseinandersetzung sein. Es gehört zu unserer Bewegung dazu, sich zu messen. Die Mannschaften tun das auf dem Spielfeld, wir auf den Rängen und, wenn es Anlass gibt, eben auch mal auf der Straße. Natürlich geht es dabei dann auch darum Überlegenheit zu demonstrieren, den anderen zu zeigen, dass sie hier nichts zu melden haben. Grundlage hierfür sollte aber ein Grundrespekt gegenüber dem anderen als Mensch sein. Das Bewusstsein, dass der Gegenüber auch Familie, vielleicht auch Kinder, geliebte Menschen und Freunde hat und am nächsten Wochenende wieder das Gleiche tun möchte wie man selbst. Seine Mannschaft beim Spiel zu begleiten. 

Wir sind keineswegs so naiv zu glauben, dass ein Kampf mit den Fäusten keine nicht-gewollten schwerwiegenden Verletzungen nach sich ziehen kann, weshalb für uns die oben genannten Prämissen auch zentral sind, wenn es eben mal knallt. 

Auch wenn hierzulande der Einsatz von Stichwaffen nicht üblich ist und es sicher einen breiten Konsens dagegen gibt, sind auch innerhalb der deutschen Ultraszenen schon Sachen passiert, die Grenzen überschritten. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass auch andere Gegenstände schnell zur Waffe werden, deren Wirkung man selbst nicht einschätzen kann. In unserem Beispiel war es das Werfen einer Flasche, die eine Businsassin schwer verletzt hat. Genauso meinen wir aber auch das Schießen von Leuchtspuren in Menschenmengen, den Einsatz von Pyro bei Auseinandersetzungen, Steine oder irgendwelche Schlagwerkzeuge. 

Vielleicht sind die aktuellen Vorfälle für alle Akteure Gelegenheit, das eigene Handeln zu reflektieren und darüber nachzudenken, in welche Richtung die Entwicklung gehen soll und für sich eine konsequente Ablehnung von Waffen aller Art zu beschließen. 

Jeder Tote ist einer zu viel, mit jedem Toten nimmt die Bewegung Schaden, niemand gewinnt. Auch wenn wir damit natürlich nicht alle Gruppen in Europa erreichen, wollen wir zumindest innerhalb unserer Reichweite anregen, über diese Zeilen nachzudenken.