Bereits Anfang April hatten wir zusammen mit der Dortmunder Südtribüne die DFL-Zukunftsstrategie, den Ausverkauf an Investoren statt nachhaltiger Lösungen, thematisiert.
Die vergangenen Monate erschuf und bewarb die mit Jan-Christian Dreesen (FC Bayern München AG), Rüdiger Fritsch (SV Darmstadt 98), Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) und Oliver Leki (SC Freiburg) besetzte DFL-Arbeitsgruppe „Zukunftsszenarien“ im Hintergrund den Ausverkauf an Investoren.
Bis Ende April hatten die von der DFL präferierten Investoren, sogenannte Private-Equity-Beteiligungsgesellschaften, die Möglichkeit Angebote über den Kauf von kolportierten 12.5 % der zukünftigen TV-Rechte-Erlöse der DFL der nächsten 15-20 Jahre abzugeben.
Im Gegenzug würden die DFL und ihre Mitglieder von einem Investor eine hohe Einmalzahlung erhalten. Somit würden ihnen von heute auf morgen eine Summe von ca. 2 Milliarden Euro für Investments und Tilgung von Schulden zur Verfügung stehen. Demgegenüber stünde allerdings eine Verpfändung zukünftiger Medienerlöse. In den nachfolgenden 15-20 Jahren würden diese Einnahmen jeweils jährlich um den dem Anteilsverkauf entsprechenden Prozentsatz geringer ausfallen. Bereits im Februar veranschaulichte dies (anhand der Annahme eines 15%-Anteilsverkauf) mit Eckard Sauren der Vize-Präsident des 1. FC Köln und damit ein Vertreter eines DFL-Mitglieds: „Aus einem Hundert-Euro-Schein wird auf Dauer ein 85-Euro-Schein. Der Einmalzahlung stehen die 15 Euro gegenüber, die für Jahrzehnte verloren gehen“ (https://www.sueddeutsche.de/sport/interview-eckhard-sauren-1-fc-koeln-dfl-investoren-bundesliga-1.5752922).
Nicht nur die Kluft zu den Vereinen, die aktuell unterhalb der 2. Liga beheimatet sind, würde sich durch die auf Kosten der Zukunft vorgezogene einmalige und exorbitante Geldausschüttung, in ohnehin längst aus den Fugen geratenen Wettbewerbsbedingungen vergrößern. Auch innerhalb der Ligen würde sich das Kräfteverhältnis manifestieren, soll nach dem Willen einiger DFL-Mitglieder doch ein nicht unerheblicher Anteil der kolportierten 2 Milliarden nach dem TV-Geldschlüssel, der ohnehin die Top-Vereine bevorteilt, an eben diese überproportional verteilt werden.
Auch wenn sich heuer (ausnahmsweise) die Meisterschaft spannender und offener gestaltet, was wohl aber eher an der unterdurchschnittlichen Performance unseres FC Bayern liegen dürfte, wie an wiedergewonnener Konkurrenzfähigkeit vermeintlicher Verfolger und Herausforderer. Die Schere der zur Verfügung stehenden Mittel würde weiter auseinandergehen und damit einen Wettbewerb, der uns in den vergangenen Jahren systembedingt bereits das ein oder andere Mal nicht wirklich herausgefordert hat, weiter schwächen.
Die Geldverbrennungsmaschine kurzzeitig anzuheizen und dafür zukünftige Einnahmen aufzugeben, könnte sich zu einer existentiellen Bedrohung für die Zukunft der Bundesliga als europäische Spitzenliga entwickeln.
Externes Geld wurde im Fußball selten nachhaltig angelegt. Spieler, ihre Berater, andere Vereine wissen, dass plötzlich viel mehr Geld im System ist. Gehälter, Provisionen und Ablösesummen passen sich daran an.
Die vom damaligen Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge bereits im März 2020 erwähnten unheilvollen „Exzesse“, würden nicht, wie von ihm vorgeblich propagiert, „normalisiert“ sondern weiter angefacht werden und das von ihm beschriebene „Rattenrennen“ wäre endgültig nicht mehr einzufangen.
Irgendwer wird die Zeche zahlen müssen. Doch die, die sie bestellt haben? Funktionäre, die sich und die Spieler weiterhin mit massiven Gehaltssteigerungen bedienen?
Oder die Fans? Investoren werden auf Profitmaximierung drängen:
– Spieltagszerstückelung und fanunfreundliche Anstoßzeiten, die ausschließlich der internationalen TV-Vermarktung dienen
– Auslandsspiele
– (weitere) Monetarisierung der Fan-Beziehung zum Verein, z.B. in Form von Fan-Token
– kommerzielle Fandatenverwertung
die DFL und damit die Vereine öffnen sich damit wieder allerlei Schreckensszenarien. Daher darf eine solch bedeutende Entscheidung nicht vorbei an der größten Gruppe der Beteiligten getroffen werden: nämlich den hunderttausenden Vereinsmitgliedern der DFL-Clubs.
Anschauungsunterricht, was geschieht, wenn man sich Investoren ausliefert, dürfte unser Gegner vom vergangenen Heimspiel, die Hertha aus Berlin liefern. Nicht nur die investierten 374 Millionen Euro, sondern auch die Entscheidungshoheit im Verein waren binnen kurzer Zeit vom Windhorst verweht. Trotz oder gerade wegen der das Gesamtgefüge sprengenden 374 Millionen Euro steht die Hertha – auch unabhängig des drohenden sportlichen Abstiegs – schlechter da als zuvor. So stehen dem neuen Investor 777 nicht nur im Falle einer Gewinnausschüttung 95 Prozent zu, sondern besetzt er auch eine nicht unerhebliche Anzahl an Sitzen im Aufsichtsrat und Beirat von Hertha. Die Anhänger Herthas hatten dies vor ein paar Wochen auf den Punkt gebracht: „Kontrollverlust für schnelles Geld – 50+1 nur noch auf dem Papier?!“